Flößerei
Auf runden Holzstämmen bis in die Niederlande: Flößer im Schwarzwald
Das Flößereihandwerk im Schwarzwald ist sehr alt. Bereits zu Anfang des 14. Jahrhunderts ist es belegt, vor allem an der Kinzig, einem 93 Kilometer langen Fluss, der durch sein markantes Tal und seinen Wasserreichtum die Grenze zwischen nördlichem und südlichem Schwarzwald bildet. Sie entspringt bei Loßburg im Kreis Freudenstadt, durchfließt dann Städte wie Alpirsbach, Schiltach und Wolfach, ehe ihr Tal ab Hausach breit und tief wird. Bei Kehl mündet sie schließlich in den Rhein. Bis dahin hat sie einen Höhenunterschied von 548 Metern überwunden. Flößerei gab es außerdem an der Enz, der Murg und sogar an Dreisam und Wiese.
Vor allem in Schiltach und Wolfach war die Flößerei ab dem 14. Jahrhundert einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Bäume wurden im Schwarzwald gefällt, wo es Holz in Hülle und Fülle gab. Die entasteten, rindenlosen Stämme warf man entweder in den Fluss, oder, wenn kein Gewässer in der Nähe war, man ließ sie auf sogenannten »Riesen« ins Tal rutschen. Das waren Rutschbahnen, die man ebenfalls aus Baumstämmen anlegte. Zur Hochzeit der Flößerei waren die Riesen sehr zahlreich. Heute gibt es nur noch eine nachgebaute, und zwar am Glaswaldsee in der Nähe von Bad Rippoldsau.
Im Wasser, das eigens dafür angestaut wurde, fügte man die Stämme mithilfe von sogenannten »Wieden«, Holztauen, zu riesigen Flößen zusammen, die dann, meist mit dem abgelassenen Wasser, flussabwärts glitten. Sie waren in ihren Ausmaßen nicht zu unterschätzen, bis zu sechshundert Meter lang und sechs Meter breit und daher alles andere als einfach zu steuern. Besonders bei Wehren und den hinter ihnen auftretenden Strudeln wurden die Flöße stark beansprucht und nicht selten gerieten die Flößer ins Wasser.
Zu jener Zeit gab es kein alternatives Verkehrsmittel, mit dem man so viele Stämme auf einmal hätte transportieren können. Mit den Flößen gelangte das Holz die Kinzig entlang bis in den Rhein, und dort bis nach Straßburg, Karlsruhe, Mannheim und Mainz. Weiter brachten es die Rheinflößer sogar bis in die Niederlande. Besonders in Amsterdam wurden die Baumstämme als Gründungspfähle für den Hausbau benutzt. Ein beträchtlicher Teil der heute noch vorhandenen Pfähle sind ehemalige Schwarzwaldbäume. Daher rührt auch die Bezeichnung »Holländertanne« für Tannen, die sehr stark waren.
Ihre weiteste Ausdehnung hatte die Flößerei im 15. Jahrhundert auf der Kinzig bis Alpirsbach, auf dem Nebenfluss Schiltach bis Schramberg sowie auf der Wolf bis Bad Rippoldsau. Erst seit dem Aufkommen des Eisenbahnverkehrs gegen Ende des 19. Jahrhunderts verlor die Flößerei an der Kinzig ihre Bedeutung, vor allem durch den Bau der Strecke von Hausach nach Freudenstadt, die im Jahre 1886 fertiggestellt war. Doch das ist nicht der einzige Grund für das Verschwinden dieses Handwerks. Vielmehr war zu jener Zeit kaum mehr Holz verfügbar, da der Schwarzwald größtenteils kahlgeschlagen war. Erst zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wurde wieder aufgeforstet.
Heutzutage fahren auf der Kinzig immer noch Flöße, die allerdings kein Holz mehr transportieren. Vielmehr eifern Hobbyflößer dem einstigen Treiben nach. Außerdem gibt es in Wolfach, Gengenbach, Calmbach bei Bad Wildbad und Schiltach (Schüttesäge-Museum) Flößermuseen, die an dieses traditionsreiche Handwerk erinnern, und in Wolfach einen Flößerpark.
Die Flößerei hat vor allem im Kinzigtal eine lange Tradition. Flößerei im Kinzigtal
Die »Riesen« sind nicht etwa besonders große Menschen, sondern Rutschen für den Transport von Baumstämmen. Die Riesen
In diesem Film der Schiltacher Flößer wird ersichtlich, mit welchen Gegebenheiten man beim Floßfahren rechnen muss. Schiltacher Flößer auf YouTube